Die Geschichte der Freien Wähler Weinheim

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Die Freien Wähler Weinheim von 1947 bis 1950

Festschrift aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums von Dr. Helmut Pönisch

Die Konstituierung des Landes Baden-Württemberg hatte bei der Organisierung des neuen Gemeinwesens auch die Verabschiedung einer Gemeindeordnung zur Folge. Aufgrund der dort festgelegten Bestimmungen war die Wahl der Gemeinderäte neu geordnet. Im Dezember 1947 waren die ersten Gemeinderatswahlen nach der neuen Verfassung fällig. Erstmals gingen auch die Neubürger zu den Wahlurnen. Durch ihre große Zahl konnten sie die Zusammensetzung der Gemeindeparlamente wesentlich beeinflussen, vor allem dann, wenn sie Kandidaten aus ihren Reihen ins Rennen schicken würden. Die Bevölkerungszahl von Weinheim war durch die Kriegsfolgen von rund 20.000 im Jahre 1945 auf rund 24.000 im Jahre 1947 gestiegen.

In Weinheim konnte die Bildung einer speziellen „Liste der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge“ vermieden werden. Flüchtlingsvertreter wurden in die Kandidatenlisten der bestehenden politischen Parteien aufgenommen. Eine Neuheit bedeutete das Auftreten einer „Parteilosen Wählervereinigung“.

 

Die Parteilose Wählervereinigung Weinheim (P W V) 

 

Weinheimer Bürger nutzten die verbreitete Abneigung gegen politische
PWV Plakat
Parteien als Folge der Erfahrungen in der Vergangenheit zu einer Wähler-Initiative, die von vornherein ihren Wirkungskreis auf den Bereich der Gemeindepolitik beschränkte und ohne ideologische Grundsätze nur die bürgerliche Mitbestimmung der vielen Bürger im Auge hatte, die sich nicht an eine politische Partei binden wollten. Der damalige Leiter der Weinheimer Polizei, Hermann Langer, und Daniel Horsch , Angestellter der Landkreisverwaltung, bemühten sich, für die Gemeinderatswahl am 7.12.1947 eine Kandidatenliste aus Weinheimer Bürgerinnen und Bürgern ohne politische Bindung zusammenzustellen, die lediglich durch das Gewicht ihrer Persönlichkeit eine Eignung für die Mitarbeit im Gemeinderat nachweisen konnten und Anklang bei den Wählern zu finden hofften.

Auch den Heimatvertriebenen und Flüchtlingen sollte eine Chance der Mitarbeit im Rahmen dieser Bürgerliste gegeben werden. Als deren Vertreter wurden der Kaufmann Kurt Höhn und der Rechtsanwalt Dr. Adalbert Köhler gewonnen. In „Fitzers Bier- und Weinstube“ trat die PWV ins Leben. Der Chef der Firma Freudenberg, Richard Freudenberg, vor dem Kriege schon 25 Jahre Stadtrat für die DVP, unmittelbar nach Kriegsende Bürgermeister der Stadt und Landrat bis zu seiner Internierung durch die amerikanische Militärverwaltung, schloß sich der neuen kommunalpolitischen Gruppe an und erklärte seine Bereitschaft zur Kandidatur und aktiven Mitarbeit. Mit einer kompletten Liste von 30 Bewerbern trat die Parteilose Wähler-Vereinigung zur Gemeinderatswahl an. Partei binden wollten. Der damalige Leiter der Weinheimer Polizei, Hermann Langer, und Daniel Horsch, Angestellter der Landkreisverwaltung, bemühten sich, für die Gemeinderatswahl am 7.12.1947 eine Kandidatenliste aus Weinheimer Bürgerinnen und Bürgern ohne politische Bindung zusammenzustellen, die lediglich durch das Gewicht ihrer Persönlichkeit eine Eignung für die Mitarbeit im Gemeinderat nachweisen konnten und Anklang bei den Wählern zu finden hofften.

Gemeinderatswahl am 7.12.1947

Am 7.12.1947 trat die Parteilose Wähler-Vereinigung zur Gemeinderatswahl an. Die Auszählung der Stimmen ergab folgendes Bild:

 

Stimmberechtigte 10690
ungültige 408

 

Demzufolge zogen in den neuen Weinheimer Gemeinderat als Vertreter der PWV ein:

 

Richard Freudenberg Fabrikant
C.G.Müller Oberingenieur
Dr. jur. Adalbert Köhler Rechtsanwalt
Daniel Horsch Regierungsinspektor
Karl Kreis Schreinermeister
Herbert Schneider Elektriker
Kurt Höhn Kaufmann
Marianne Zaiser Prokuristin bei der Fa. „3 Glocken“
Philipp Pflästerer Hauptlehrer

 

Die Stimmen verteilten sich wie folgt:

 

  Stimmen Sitze
PWV 89.186> 9
SPD 85.400 9
CDU 68.617 7
KPD 44.531 4
DVP 14.251 1
insgesamt 301.985 30

 

Der Mitbegründer der PWV, Hermann Langer, konnte als Angehöriger der Polizei, die städtische Behörde war, nicht kandidieren. Der gewählte Daniel Horsch musste auf sein Mandat verzichten, weil er zwischenzeitlich in die Stadtverwaltung Weinheim übernommen worden war. Für ihn rückte für die PWV der Bauunternehmer Armin Hördt nach. Am Tage vor Heiligabend, am 23.12.1947, trat der neue

Gemeinderat im Bürgersaal des Rathauses zu seiner ersten öffentlichen Sitzung zusammen.

Zu den gleichzeitig durchgeführten Wahlen für den Landkreis Mannheim-Land trat die Parteilose Wähler-Vereinigung nicht an.

Obwohl Weinheim im Kriege unzerstört geblieben war, hatte der neue Gemeinderat viele und schwere Probleme zu lösen. Schlimm war die Lage für die vielen Familien, deren Wohnungen durch die amerikanische Militärverwaltung beschlagnahmt worden waren. Der Kohlemangel erzwang verschärfte Einschränkungen im Stromverbrauch. Zum Heizen stand weitgehend nur Holz zur Verfügung. Brikettzuteilungen gab es für Privathaushalte kaum. Die Lebensmittelrationen stiegen nur wenig. Etwas mehr Brot und Frischei zu Ostern bedeuteten nur eine unwesentliche Verbesserung. Am Jahresende konnte die Stadt einen Zentner Kartoffeln pro Person für den Winter bereitstellen. Die Wohnungsnot war groß. Wegen Mangel an Baumaterialien kam der Neubau von Wohnungen nur sehr schleppend voran, Viele Straßen hatten eine Ausbesserung nötig. Zu kaufen gab es wenig. Schwarzmarkt und Tauschhandel blühten. Die nächtliche Ausgangssperre wurde am Jahresende aufgehoben.

Am 23.Dezember 1947 fand in Weinheim die letzte öffentliche Spruchkammer-Verhandlung statt. Damit war der öffentliche Entnazifizierungsprozeß abgeschlossen. Fast 35.000 Fragebögen waren bearbeitet worden.

Die frisch gewählten Gemeinderäte sahen mit Spannung und großen Erwartungen dem neuen Jahr entgegen. Besonders die Vertreter der PWV spürten die große Verantwortung, die ihrer Gruppe als stärkster kommunalpolitischer Kraft in Weinheim auferlegt worden war.

Hauptpunkt der ersten Gemeinderatssitzung am 20.Januar 1948 war die Vorbereitung der Wahl des Oberbürgermeisters, der nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr durch den Gemeinderat, sondern in Urabstimmung direkt durch die Bevölkerung zu wählen war.

 

1948 Wahl des Oberbürgermeisters

Als Kandidaten traten auf:

 

  1. Der bisherige Amtsinhaber, Wilhelm Brück, Dachdeckermeister, (CDU)
  2. Der Stadtrat Leonhard Seib, Gastwirt, ( KPD)
  3. Der parteilose Rolf Engelbrecht aus Karlsruhe, Polizeidirektor von Nordbaden

 

CDU, SPD und DVP unterstützten Wilhelm Brück, die PWV den von ihr vorgeschlagenen Rolf Engelbrecht. Nach einem kurzen Wahlkampf fand am 1. Februar die Abstimmung statt.

Von 11.248 Stimmen erhielt

 

Rolf Engelbrecht 4.406
Wilhelm Brück 3.869
Leonhard Seib 2.733

 

Da keiner der Bewerber die absolute Mehrheit erringen konnte, musste eine Stichwahl am 8. Februar die Entscheidung bringen. Rolf Engelbrecht erhielt 6.335 Stimmen, Wilhelm Brück 5.707. Damit war Rolf Engelbrecht gewählt und wurde am 4.März feierlich in sein Amt eingeführt.
Zum ersten Male hatten die Partei-Unabhängigen ein großes politisches Ziel erreicht.